Markus 1,15: “Die Zeit ist erfüllt, und das Reich Gottes ist nahe herbeigekommen. Tut Buße und glaubt an das Evangelium!”
In diesen wenigen, aber tiefgründigen Worten entfaltet sich das gesamte Wesen der Wirklichkeit Jesu: eine Zusage, die Hoffnung vermittelt; eine Aufforderung, die uns zur Umkehr drängt; und ein Ruf, der bis in die tiefsten Bereiche unseres persönlichen Lebens hineinreicht. Lassen Sie uns gemeinsam drei wesentliche Fragen betrachten: 1) Was bedeutet „Reich Gottes“?, 2) Was versteht man biblisch unter „Buße“? und 3) Welche konkrete Antwort erwartet Gott von uns in der heutigen Zeit?
Was ist das Reich Gottes?
Wenn Jesus vom Reich Gottes spricht, bezieht er sich nicht primär auf ein politisches System oder eine weit entfernte Macht. Vielmehr meint er die Herrschaft Gottes, die das Leben der Menschen durchdringt. Das Reich Gottes ist sowohl gegenwärtig als auch zukünftig – es ist die vollkommene Verwirklichung von Gottes Herrschaft am Ende der Zeiten, und gleichzeitig ist es in der Gegenwart spürbar: „Das Reich Gottes ist nahe herbeigekommen“ (Markus 1,15). Durch sein Leben, Sterben und Auferstehen bringt Jesus bereits die Herrschaft Gottes in unsere Welt. Jesus erklärt an anderer Stelle: „Als er aber von den Pharisäern gefragt wurde, wann das Reich Gottes komme, antwortete er: Das Reich Gottes kommt nicht mit äußeren Zeichen; man wird auch nicht sagen: Siehe, hier! oder: Da! Denn siehe, das Reich Gottes ist mitten unter euch“ (Lukas 17,20–21). Dies bedeutet, dass sich Gottes Reich in den Zeichen der Liebe, Heilung, Vergebung und Gerechtigkeit zeigt – in Menschen, die in seinem Geist leben. Konkret bedeutet das Reich Gottes: Gottes Heil bringt Wiederherstellung für die Kranken, die mit Schuld Beladenen, und die Zerbrochenen in ihren Beziehungen. Gottes Gerechtigkeit hebt nicht nur auf, sie befreit, sie stellt wieder her und schenkt neue Würde.
Dort, wo Menschen sich versöhnen, erblüht der Frieden Gottes; wo die Trennung ihr Ende findet und eine neue Gemeinschaft in Christus entsteht, wird die Liebe lebendig.
Was ist Buße?
„Tut Buße“ – dieses Wort mag für viele hart oder gar angstauslösend klingen. Doch Buße ist weit mehr als nur Reue über vergangene Fehler; die biblische Buße, im Griechischen als „metanoia“ bezeichnet, bedeutet eine grundlegende Wendung des Lebens hin zu Gott. Es handelt sich um einen inneren und äußeren Prozess: Innerlich zeigt sich Buße in der Einsicht und dem ehrlichen Bekennen vor Gott. Der Psalm 51 illustriert die Haltung eines reuigen Herzens: „Gott, sei mir gnädig… schaffe in mir, Gott, ein reines Herz“ (Psalm 51,3–13).
Äußerlich bedeutet Buße, dass unser Handeln sich ändert – wenn wir tatsächlich umkehren, wird unser Leben sichtbare Früchte tragen (Matthäus 3,8: „Seht zu, bringt rechtschaffene Frucht der Buße!“). In modernen Worten: Lasst eure Lebensweise zeigen, dass ihr wirklich bereit seid, euch zu ändern! Was bedeutet das konkret? Es reicht nicht, nur zu sagen, dass man sich ändern will oder dass man Bedauern empfindet. Die Veränderung muss sich in unserem Verhalten, in unseren Taten und in unserem Umgang mit anderen Menschen zeigen. „Frucht der Buße“ bedeutet sichtbare Ergebnisse einer inneren Umkehr – auch eine echte, praktische Veränderungen im Alltag.
Beispiele für die konkrete Umsetzung könnten sein: Wer früher gelogen hat, bemüht sich jetzt um Ehrlichkeit. Wer andere schlecht behandelt hat, sucht Versöhnung und begegnet ihnen mit Respekt. Wer egoistisch war, zeigt sich hilfsbereit und teilt mit anderen. Wer Unrecht getan hat, versucht es wiedergutzumachen. Klar gesagt: Es geht darum, dass die innere Einstellung (Reue, Umkehr, der Wille zur Veränderung) nach außen sichtbar wird – durch gute, gerechte und liebevolle Taten. Nur so wird deutlich, dass die Umkehr echt ist und nicht nur in leeren Worten besteht.
Buße ist kein einmaliges Schuldeingeständnis ohne Veränderung, sondern der erste Schritt in eine neue Lebensrichtung: weg von dem, was uns und andere zerstört, hin zu dem, was Leben fördert. Paulus beschreibt den Effekt: „Ist jemand in Christus, so ist er eine neue Kreatur; das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden“ (2 Korinther 5,17). Dies bedeutet, dass mit der bewussten Hinwendung zu Christus ein grundlegender Wandel im Leben eines Menschen geschehen muss. Es geht nicht nur um ein einmaliges Schuldeingeständnis oder um das Bedauern von Fehlern. Buße ist vielmehr der Beginn eines neuen Lebensweges.
Wer sich auf Christus einlässt, lässt das alte, zerstörerische oder selbstbezogene Verhalten hinter sich und beginnt, nach neuen Werten zu leben – nach Liebe, Gerechtigkeit, Vergebung und Hoffnung.
Konkret bedeutet das: Die Vergangenheit ist nicht mehr der bestimmende Faktor im Leben. Fehler, Sünden, Schuld und alte Muster verlieren ihre Macht. Es entsteht eine neue Identität: Man sieht sich selbst und andere mit anderen Augen – als von Gott geliebte Menschen. Das Leben erhält eine neue Ausrichtung: Nicht mehr das, was schadet, steht im Mittelpunkt, sondern das, was aufbaut und Leben schenkt. Es handelt sich um einen echten Neuanfang, der sich in Denken, Fühlen und Handeln manifestiert. Wer „in Christus“ lebt, ist nicht mehr an das Alte gebunden. Es beginnt etwas völlig Neues – ein Leben, das von Gottes Liebe und Vergebung geprägt ist und das sich auch im Alltag sichtbar verändert. Buße ist der Startpunkt für diesen Wandel, nicht das Ende.
Buße und Glaube – die doppelte Antwort
Jesus fordert nicht nur zur Buße auf, sondern ergänzt: „und glaubt an das Evangelium!“ Buße und Glaube gehören untrennbar zusammen. Buße öffnet unser Herz, der Glaube nimmt das Geschenk an. Das Evangelium ist die gute Nachricht, dass durch Jesus Christus Gottes Reich bereits angebrochen ist und dass Vergebung sowie ein Neuanfang möglich sind. Paulus fasst die Botschaft der Rettung so zusammen: „Denn wenn du mit deinem Munde Jesus als den Herrn bekennst und in deinem Herzen glaubst, dass Gott ihn von den Toten auferweckt hat, wirst du gerettet werden“ (Römer 10,9). Buße schafft Raum; der Glaube erfüllt ihn mit der Gnade Gottes.
Aber, wie sieht das bei uns aus? Die Aufforderung Jesu ist existenziell und richtet sich an unsere Lebenswirklichkeit – an unsere Beziehungen, unsere Arbeit und unsere Entscheidungen. Einige konkrete Bereiche, über die wir nachdenken sollten: Beziehungen: Wo ist Versöhnung möglich? Wen müssen wir um Verzeihung bitten? Wen gilt es zu vergeben? Konsum und Gerechtigkeit: Wie nutzen wir unsere Ressourcen? Dienen wir dem Haben oder dem Nächsten? Geistliches Leben: Wo fehlt es an Gebet, Gemeinschaft und Gottes Wort? Buße heißt auch, die Zeit mit Gott neu zu ordnen. Gesellschaftliches Zeugnis: Wenn das Reich Gottes mitten unter uns ist, sollten wir als Gemeinde Orte der Hoffnung, der Gerechtigkeit und der Nächstenliebe sein.
Die frühen Christen lebten in heiliger Spannung: Sie bekehrten sich, ließen sich taufen und empfingen den Heiligen Geist (Apostelgeschichte 2,38). Das Ergebnis war sichtbar: eine Gemeinschaft, die teilte, was sie hatte. Ein Zeugnis, das sprach, was sie glaubten. Ein Leben, das zeigte, wem sie gehörten.
Ermutigung und Herausforderung
Das Wort „bald“ oder „nahe“ in Markus 1,15 ruft uns zur Wachsamkeit und Bereitschaft auf: Gott erwartet nicht, dass wir perfekt sind, sondern dass unsere Herzen offen sind. Buße ist kein Endpunkt, sondern ein neuer Anfang. Das Evangelium ist keine bloße Theorie oder Behauptung; es ist eine lebendige Kraft, die heilt, befreit und sendet. Wenn Sie heute mit schwerem Herzen kommen: Gott sieht Sie. Er liebt Sie innig. Und er bietet Ihnen einen Neuanfang an – leise und doch voller Kraft. Wenn Sie heute im Wohlstand leben: Fragen Sie sich, wie Ihr Leben von der nahenden Herrschaft Gottes zeugt. Was spricht von seinem Reich in Ihrem Geben, Ihrem Reden und Ihrem Schweigen? Wenn Sie heute zweifeln: Suchen Sie die Gemeinschaft der Gläubigen. Hören Sie auf Gottes Wort. Bitten Sie um Glauben und um den Mut, ihm zu gehorchen.
Die Aufforderung Jesu „Kehrt um“ gilt auch heute für alle, die sich zwar Christen nennen, aber nicht wirklich durch den Heiligen Geist erneuert wurden. Jesus ruft dazu auf, nicht nur äußerlich, sondern im Herzen umzukehren und dem Evangelium zu vertrauen – der frohen Botschaft, die unabhängig von Zeitgeist, Meinungen oder Widerständen Bestand hat. Denn, wie es in der Bibel heißt: „Himmel und Erde werden vergehen; aber meine Worte werden nicht vergehen“ (Markus 13,31). Dieses Evangelium bleibt unverändert gültig, bis Jesus wiederkommt. Paulus warnt eindringlich davor, ein anderes Evangelium zu verkünden: „Aber selbst wenn wir oder ein Engel vom Himmel euch ein anderes Evangelium predigen würden als das, was wir euch gepredigt haben, der sei verflucht“ (Galater 1,8).
Als Christen sind wir deshalb dazu berufen, das Evangelium weder zu verändern noch weiterzuschreiben, sondern es in Treue und Vertrauen zu bewahren und weiterzugeben.
Wer diesen Bibelvers in Betracht zieht, erkennt: Jesus ging es in erster Linie um die persönliche Umkehr, Bekehrung, den Glauben und die Aufnahme ins ewige Reich Gottes. Sein Ruf galt dem Herzen – nicht dem Thron. Wer heute verstehen möchte, was das bedeutet, muss auch fragen, worum es Jesus nicht ging: Er wollte kein politisches Messiasreich. Er vermischte das Evangelium nicht mit irdischen Machtansprüchen, also mit der Politik. Sein Reich ist nicht von dieser Welt und doch mitten unter uns.
Es gibt jedoch heute Christen, die das Evangelium mit Politik verwechseln und daraus politische Programme ableiten. Sie versuchen, das Reich Gottes mit den Mitteln weltlicher Macht zu bauen, als ließe sich Gnade gesetzlich verordnen oder Barmherzigkeit parteipolitisch durchsetzen. Dabei droht das Evangelium seine befreiende Tiefe zu verlieren – es wird reduziert auf moralische Forderungen, ideologische Parolen oder nationale Interessen. Doch Christus ruft nicht zur Herrschaft, sondern zur Hingabe; nicht zur Durchsetzung, sondern zur Nachfolge.
Das Evangelium ist kein Parteiprogramm, sondern eine Einladung zur Umkehr, zur Versöhnung und zur radikalen Liebe – jenseits aller politischen Lager. Wer es mit politischen Zielen verwechselt, riskiert, die leise Stimme des Geistes zu übertönen und die frohe Botschaft in ein Werkzeug menschlicher Macht zu verwandeln.
Und ebenso ging es Jesus nicht in erster Linie um soziale Veränderungen durch humanitäre Aktionen oder gesellschaftliche Reformen. Er kam nicht, um einen Aufstand gegen die Römer anzuführen, wie viele es vom Messias erwarteten. Jesus kannte die tiefen Probleme dieser Welt, aber er sah die eigentliche Lösung nicht in politischen oder sozialen Veränderungen, sondern in der Erlösung des Menschen von Sünde, Tod und Teufel – durch seinen stellvertretenden Tod am Kreuz und den Glauben an ihn als Gottes Sohn und Messias.