Wenn Gott schweigt: Hoffnung in geistlichen Durststrecken!

Es gibt Pha­sen im Leben, in denen das Herz wie aus­ge­dörr­te Erde scheint, tro­cken und leer. Das Gebet ver­hallt wie ein Echo in einem lee­ren Raum, Bibel­wor­te schei­nen an unse­rem Bewusst­sein zu ver­trock­nen, und Gott schweigt. Als Nach­fol­ger Jesu begeg­net mir die­ser inne­re Kampf immer wie­der – und ich ken­ne ihn auch aus eige­ner Erfah­rung. Doch gera­de in Got­tes Stil­le ist eine tie­fe­re Gegen­wart ver­bor­gen, als wir es in den lau­ten Momen­ten ahnen. Die Her­aus­for­de­rung ist: Kön­nen wir ler­nen, an Got­tes Treue fest­zu­hal­ten, wenn unse­re Gefüh­le schwei­gen?

Wer sich in die Psal­men ver­tieft, erkennt: Das Schwei­gen Got­tes ist kein Rand­the­ma, son­dern mit­ten im Gebet­buch der Bibel ver­an­kert. David ruft in Psalm 22: „Mein Gott, ich rufe bei Tag, doch du ant­wor­test nicht.“ Und den­noch fin­det er ein „Den­noch“: „Den­noch bist du hei­lig, der du thronst über den Lob­ge­sän­gen Isra­els.“ Die­ses „Den­noch“ ist kein Weg­drü­cken unan­ge­neh­mer Gefüh­le, kein reli­giö­ses Schön­re­den. Es ist Aus­druck eines Glau­bens, der sich nicht auf Stim­mungs­la­gen stützt, son­dern auf Got­tes unver­än­der­li­chen Cha­rak­ter.

Gera­de in Zei­ten geist­li­cher Tro­cken­heit wach­sen wir inner­lich. Der „freund­li­che Glau­be“ genießt Got­tes Geschen­ke, der rei­fe Glau­be hält sich am Geber fest, auch wenn die Hän­de leer blei­ben. „Denn wir wan­deln im Glau­ben und nicht im Schau­en“ (2. Korin­ther 5,7). Dies schließt unse­re Gefüh­le nicht aus – Gott nimmt sie ernst. Du bist ein­ge­la­den, ehr­lich und unver­blümt zu kla­gen. Denn Kla­ge ist kein Zei­chen man­geln­den Glau­bens, son­dern Aus­druck leben­di­ger Bezie­hung. Wer klagt, ruft zu Gott, weil er an sei­ne Gegen­wart glaubt.

Oft ist Got­tes Schwei­gen weni­ger Aus­druck sei­ner Abwe­sen­heit als viel­mehr Ein­la­dung, zu rei­fen. Wie ein Leh­rer, der in der Prü­fung schweigt, ist Gott nicht fern – son­dern gibt Raum, das Gelern­te anzu­wen­den. Die Wüs­te in der Bibel steht nicht nur für Trost­lo­sig­keit, son­dern auch für Neu­an­fang. Das Volk Isra­el lern­te in der Wüs­te, auf Got­tes täg­li­che Für­sor­ge zu ver­trau­en. Elia begeg­ne­te dort nicht im Sturm, son­dern im lei­sen Säu­seln der Stil­le der gött­li­chen Stim­me. Viel­leicht ist es eben die­se lei­se Stim­me, die inmit­ten des All­tags­lärms über­hört und erst in der Stil­le hör­bar wird.

Wenn Gott schweigt, hal­te dich an sein Wort. „Dein Wort ist mei­nes Fußes Leuch­te und ein Licht auf mei­nem Weg“ (Psalm 119,105). Unse­re Gefüh­le glei­chen dem Wet­ter – flüch­tig, wech­sel­haft. Doch Got­tes Wort bleibt: zuver­läs­sig und stark wie ein Fels. Es kommt weni­ger dar­auf an, augen­blick­lich etwas zu spü­ren, son­dern viel­mehr dar­auf, Wur­zeln zu schla­gen – lang­sam, tief, aber bestän­dig. Nimm Got­tes Wort in klei­nen Por­tio­nen auf, wie­der­ho­le es, tra­ge es durch den Tag. Manch­mal ist ein ein­zi­ger Vers wie das täg­li­che Man­na – genug für den heu­ti­gen Tag.

Gib die ein­fa­chen Rhyth­men der Gna­de nicht auf. Gera­de wenn alles schein­bar ver­dorrt ist, sind sie wich­ti­ger denn je: ein beschei­de­nes Mor­gen- oder Abend­ge­bet, ein Psalm, ein stil­ler Spa­zier­gang, das regel­mä­ßi­ge Zusam­men­sein mit der Gemein­de, das Brot und der Kelch am Tisch des Herrn. Im Sakra­ment spricht Chris­tus zu uns auch dann, wenn Wor­te feh­len: „Chris­tus für dich gege­ben.“ Und manch­mal trägt dich der Glau­be der Gemein­de, wenn dei­ne eige­ne Kraft ver­siegt.

Ver­giss nicht: Jesus kennt das Schwei­gen des Him­mels. Am Kreuz schrie er: „Mein Gott, war­um hast du mich ver­las­sen?“ (Mar­kus 15,34). In die­ser Ver­las­sen­heit bete­te er Psalm 22 – er ging durch die äußers­te Got­tes­fer­ne, damit du selbst in der Wüs­te nie wirk­lich ver­las­sen bist. In Jesus ist das Schwei­gen Got­tes nie das letz­te Wort. Die letz­te Wahr­heit heißt Auf­er­ste­hung: „Wir haben die Zuver­sicht, dass der, wel­cher den Herrn Jesus auf­er­weckt hat, auch uns auf­er­we­cken wird“ (2. Korin­ther 4,14). Selbst aus unse­rer inne­ren Dür­re wächst Hoff­nung auf einen neu­en Mor­gen.

Erlau­be dir, mensch­lich zu sein. Schlaf, iss, geh spa­zie­ren, rede mit Men­schen, denen du ver­traust. Oft ist unse­re See­le erschöpft, weil auch unser Kör­per müde ist. Wie Elia braucht auch unser Inne­res manch­mal zuerst Brot und Ruhe, ehe wir neu gestärkt wer­den (1. Köni­ge 19). Gott begeg­net uns nicht als stren­ger Tadeln­der, son­dern als für­sorg­li­cher Vater, der weiß, dass wir Staub sind (Psalm 103,14). Wir sind nur Staub!

Viel­leicht hel­fen dir die­se Impul­se für die kom­men­de Woche:

  1. Nimm täg­lich einen kur­zen Psalm – Psalm 23, 27, 42, 62, 63 oder 91. Lies ihn laut, mar­kie­re, was dich anspricht, und tra­ge die­ses Wort mit dir durch den Tag.
  2. Sprich ein ehr­li­ches Gebet ohne from­me Fas­sa­de: „Herr, ich füh­le dich fern, aber ich hal­te mich den­noch an dich. Sprich, wenn du möch­test; hal­te mich, selbst wenn du schweigst.“
  3. Suche die Gemein­schaft: Erzähl jeman­dem von dei­ner inne­ren Dür­re, bit­te um ein Gebet, lass dir Segen zuspre­chen.
  4. Tue einem ande­ren Men­schen bewusst etwas Gutes. Oft öff­net Lie­be der Gna­de die Tür, sodass neu­es Leben zu flie­ßen beginnt.
  5. Hal­te still am Tisch des Herrn. Selbst, wenn du wenig emp­fin­dest – Chris­tus ist da, im gebro­che­nen Brot und im Kelch. Und wenn die Nacht lang bleibt? Dann hal­te dich an das uralte Ver­spre­chen: „Der HERR wird für euch kämp­fen, und ihr sollt stil­le sein“ (2. Mose 14,14). Am Ende trägt nicht dein Durch­hal­te­ver­mö­gen den Glau­ben – son­dern Chris­tus selbst trägt dich. „Er, der das gute Werk in euch ange­fan­gen hat, wird es auch voll­enden“ (Phil­ip­per 1,6). Dei­ne Auf­ga­be ist das treue Aus­har­ren, die Voll­endung ist sei­ne.

Mein Gebet für dich: Herr Jesus Chris­tus, du kennst das Schwei­gen und die Dun­kel­heit der Nacht. Begeg­ne jedem, der dürs­tet, mit dei­nem ver­bor­ge­nen Trost. Schen­ke uns die Gna­de, „Den­noch“ zu glau­ben, und Licht für den nächs­ten Schritt. Stär­ke uns durch dein leben­di­ges Wort, durch dei­ne Gemein­de, und näh­re uns an dei­nem Tisch. Lass uns erle­ben: Auch in der Dür­re blüht dein Wun­der.

Der Frie­de Got­tes, der grö­ßer ist als alles, was wir begrei­fen, bewah­re eure Her­zen und Sin­ne in Chris­tus Jesus (Phil­ip­per 4,7).